- Was ist eine Sperrfrist bzw. Sperrzeit?
- Wie lang dauert die Sperrzeit?
- Wann beginnt die Sperrzeit?
- Erhalte ich weniger Arbeitslosengeld?
- Wann ist ein Aufhebungsvertrag ohne Sperrzeit möglich?
- Was ist der Unterschied zur Ruhezeit?
- Bin ich während der Sperrzeit krankenversichert?
- Was tun, wenn die Arbeitsagentur eine Sperrzeit verhängt?
- Fazit
- FAQ
1. Was ist eine Sperrfrist bzw. Sperrzeit?
Das Arbeitslosengeld I (ALG I) soll Zeiten der Arbeitslosigkeit zwischen zwei Jobs zu überbrücken und wird daher nur für eine begrenzte Zeit gezahlt. Die Leistung darf nicht verwechselt werden mit dem Arbeitslosengeld II (ALG II/“Hartz 4“), das der Grundsicherung dient und deshalb nicht befristet ist, aber meist auch deutlich geringer ausfällt.
Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat nur, wer innerhalb der letzten 30 Monate für mindestens 12 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Wie lange Sie während Ihrer Arbeitslosigkeit diese Leistung beziehen können, richtet sich nach Ihrem Alter und danach, wie lange Sie in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.
Beispiel: Würden Sie eigentlich von November 2021 bis April 2022 Arbeitslosengeld beziehen und wird eine mehrwöchige Sperrzeit gegen Sie verhängt, erhalten Sie zwar erst später Leistungen, Ihr Bezug endet aber trotzdem im April 2022.
Der Grund für diese einschneidende Regelung ist, dass ein Aufhebungsvertrag nicht ohne Zustimmung des Arbeitnehmers abgeschlossen werden kann. Das Gesetz sieht den Arbeitnehmer daher in der Mitverantwortung für seine Arbeitslosigkeit. Hätte der Arbeitnehmer nicht zugestimmt, so hätte er – wenigstens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – seinen Job behalten können und müsste nun keine Sozialleistungen beziehen.
2. Wie lang dauert die Sperrzeit?
Die Länge der Sperrzeit hängt von verschiedenen Faktoren ab. In der Regel beträgt die Sperrzeit nach einem Aufhebungsvertrag 12 Wochen. Es ist aber möglich, dass diese Sperrzeit verlängert oder verkürzt wird.
Verlängerung der Sperrzeit
Wer Arbeitslosengeld beziehen will, muss sich bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend melden. Diese Meldung muss so schnell wie möglich erfolgen. Grundsätzlich müssen Sie sich spätestens drei Monate vor dem Ende Ihres Arbeitsverhältnisses als arbeitssuchend melden. Erfahren Sie erst später vom Ende Ihrer Beschäftigung, müssen Sie die Meldung innerhalb der nächsten 3 Tage einreichen.
Verkürzung der Sperrzeit
Wenn das Arbeitsverhältnis in höchstens sechs Wochen sowieso geendet hätte (z.B. wegen Befristung oder Renteneintritt), beträgt die Sperrzeit nur drei Wochen. Wäre der Arbeitsvertrag ohnehin in höchstens 12 Wochen geendet, beträgt die Sperrzeit nur sechs Wochen.
Eine Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen ist außerdem möglich, wenn die volle Sperrzeit eine besondere Härte für den Arbeitslosen bedeuten würde. Dies ist aber eine Ausnahmeregelung. Für eine besondere Härte reicht es nicht aus, dass Sie sonst kein Einkommen haben. Denn dies geht Arbeitslosen grundsätzlich so und ist daher keine zusätzliche Härte.
- Eine besondere Härte könnte hingegen bei großem psychischem Druck des Arbeitnehmers bei der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages anzunehmen sein.
- Im Rahmen der Härteregelung ist auch eine geringfügige Dauer der verursachten Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. Die Sperrzeit beträgt daher nur sechs Wochen, wenn die Belastung der Arbeitslosenversicherung zwar zeitlich über die verminderte Sperrzeit hinausgeht, die zwölfwöchige Regelsperrzeit aber nicht erreicht (BSG 15.11.1995, SozR 3–4100 § 119a AFG Nr. 3). Wird etwa das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2021 beendet und tritt der Arbeitnehmer aber bereits am 01.08.2021 eine neue Beschäftigung an, so tritt lediglich eine sechswöchige Sperrzeit bis zum 12.07.2021 ein. Die Regelsperrzeit von zwölf Wochen hätte demgegenüber bis zum 23.08.2021 angedauert.
- Unter die Härteregelung fällt auch der unverschuldete Irrtum über das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen, der durch die konkrete Auskunft der Bundesagentur für Arbeit hervorgerufen wurde (BSG BeckRS 9998, 79383).
- Der Arbeitslose wird durch seinen Arbeitgeber ohne verhaltensbedingte Gründe aus dem Dienstverhältnis gedrängt (BSG BeckRS 2000, 41293).
3. Wann beginnt die Sperrzeit?
Falls nicht bereits eine Sperrzeit läuft, beginnt die Sperrzeit grundsätzlich mit dem Tag des die Sperrzeit begründenden Ereignisses. Dies ist das Ende der Beschäftigung.
4. Erhalte ich weniger Arbeitslosengeld?
In jedem Fall verschiebt die Sperrzeit nicht nur die erste Auszahlung, sondern verkürzt auch die Höchstdauer des Arbeitslosengeldes.
Für den Normalfall – die 12-wöchige Sperrzeit – gibt es jedoch noch eine weitere Besonderheit: Das Gesetz ordnet an, dass sich die Höchstdauer um die Sperrzeit, mindestens aber um ein Viertel vermindert (§ 148 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Dies kann dazu führen, dass dem Arbeitslosen aufgrund der 12-wöchigen Sperrzeit mehr als 12 Wochen Arbeitslosengeld verwehrt bleiben. Die Zahlungen werden entsprechend früher eingestellt, sodass die gesamte Bezugsdauer des ALG I um insgesamt 25% verkürzt wird.
Dieser Effekt ist bei älteren Arbeitnehmern besonders stark. Diese erhalten meist nämlich länger Arbeitslosengeld als 12 Monate. Für Arbeitslose, deren Höchstbezugsdauer weniger als 12 Monate beträgt, wirkt sich die Regelung gar nicht aus. Denn hier macht die Sperrzeit bereits mehr als 25% der maximalen Bezugsdauer aus.
5. Wann ist ein Aufhebungsvertrag ohne Sperrzeit möglich?
Auf eine Sperrzeit beim ALG I wird verzichtet, wenn ein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorlag.
In folgenden Fällen würde beispielsweise ein wichtiger Grund vorliegen:
- Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
- Mobbing
- Begründung einer Lebensgemeinschaft an einem anderen Ort
- Insolvenz des Arbeitgebers
Wann ein wichtiger Grund vorliegt, ist aber eine Sache des Einzelfalls. Im Streitfall muss der Arbeitnehmer beweisen, dass ein solcher Grund vorlag.
Ein wichtiger Grund kann außerdem vorliegen, wenn der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag eine Kündigung abwenden wollte, sofern weitere Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Arbeitgeber hat eine ordentliche Kündigung aus einem personen- oder betriebsbedingten Grund ernsthaft angekündigt, z.B. wegen einer Umstrukturierung des Betriebs. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung trägt der Arbeitnehmer hingegen die Verantwortung und muss die Sperrzeit hinnehmen.
- Die vom Arbeitgeber angedrohte Kündigung wäre sie rechtmäßig.
- Der Arbeitnehmer darf durch den Aufhebungsvertrag nicht früher arbeitslos werden, als dies bei einer Kündigung der Fall gewesen wäre. Zwischen Tag der Unterschrift und Beendigungsdatum laut Aufhebungsvertrag muss also mindestens die Kündigungsfrist liegen.
- Durch den Aufhebungsvertrag sollen objektive Nachteile der Kündigung abgewendet werden.
- Zudem darf der Arbeitnehmer nicht unkündbar gewesen sein.
Unter Umständen lässt sich eine Sperrzeit auch auf folgende Arten vermeiden:
- Der Arbeitgeber spricht eine Kündigung aus, der Arbeitnehmer wehrt sich anschließend per Kündigungsschutzklage dagegen. Beide Parteien einigen sich per gerichtlichem Vergleich vor Gericht (dann: Einigung auf betrieblichen oder personenbedingten Grund). Der Arbeitnehmer lässt seine Klage also fallen und erhält im Gegenzug eine „Abfindung“. Dies löst grundsätzlich keine Sperrfrist aus (etwa: BSG, Urteil vom 17. 10. 2007 – B 11a AL 51/06), sofern das Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht zeitlich vorverlegt wird. Daher lohnt sich die gütliche Einigung jedenfalls in Fällen einer eigentlich verhaltensbedingten Kündigung sogar doppelt: Es kann nicht nur eine Abfindung erzielt werden, sondern es wird auch eine gesetzlich verordnete Sperrzeit umgangen und der Arbeitslosengeldanspruch ausnahmsweise nicht gekürzt.
- Ein Aufhebungsvertrag wird wirksam angefochten und der Arbeitgeber lässt sich darauf ein, stattdessen eine personen- oder betriebsbedingte Kündigung auszusprechen.
- Eine verhaltensbedingte Kündigung wird in eine personen- oder betriebsbedingte Kündigung umgewandelt. In diesen beiden Fällen liegt objektiv gerade kein Verschulden des Arbeitnehmers vor. Es besteht deshalb kein Anlass, durch eine Sperrzeit über die Kündigung hinaus auch noch durch Streichung von Arbeitslosengeld sanktioniert zu werden.
- Gemäß § 1a Kündigungsschutzgesetz zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung, wenn dieser keine Kündigungsschutzklage erhebt. Die Abfindung beträgt dann 0,5 Monatsgehälter je Beschäftigungsjahr. Die Bundesagentur für Arbeit hat bislang versichert, dass bei Beachtung dieser Regel keine Sperrzeit droht.
Hat der Arbeitnehmer aber eine Abfindung erhalten, welche erkennbar die Grenzen von § 1a Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz übersteigt, ist darin eine Gesetzesumgehung im Sinne eines sogenannten „Freikaufs vom Kündigungsschutz“ des Arbeitnehmers zu sehen. Dann gilt auch wieder eine Sperrzeit.
6. Was ist der Unterschied zur Ruhezeit?
Die Sperrzeit darf nicht mit der Ruhezeit verwechselt werden. Dabei handelt es sich bloß um eine Verschiebung des Zeitraums, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird. Die Dauer des Anspruchs verkürzt sich bei der Ruhezeit also anders als bei der Sperrzeit nicht. Sowohl der Beginn als auch das Ende des Bezugs werden lediglich nach hinten verschoben.
7. Bin ich während der Sperrzeit krankenversichert?
Die gesetzliche (Kranken-)Pflichtversicherung gilt erst mit Beginn des zweiten Monats nach Beginn der Sperrzeit. Bis dahin kann der nachgehende Krankenversicherungsschutz aus dem Arbeitsverhältnis gelten. Dieser besteht für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, die auf der Beschäftigung beruht und umfasst die Sachleistungen der Krankenversicherung.
Der Versicherungsschutz danach tritt nur ein, wenn der Arbeitslose bei der Arbeitsverwaltung als arbeitslos gemeldet ist und einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hat.
Während einer Sperrzeit ruht auch der Anspruch auf Krankengeld. Der Versicherte erhält allerdings weiter das Krankengeld, wenn der Anspruch hierauf vor dem Beginn der Sperrzeit – also noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses – entstanden ist (BSG 14.3.1985 SozR 4100 § 105b Nr. 3).
8. Was tun, wenn die Arbeitsagentur eine Sperrzeit verhängt?
Wenn Sie glauben, dass die Sperrzeit zu Unrecht verhängt wurde, sollten Sie den Fall möglichst bald einem erfahrenen Rechtsanwalt vorlegen. Dieser kann die Rechtmäßigkeit der Sperrzeit prüfen und für Sie Widerspruch einlegen. Dies ist aber nur innerhalb eines Monats möglich.
Wenn die Verhängung der Sperrzeit rechtens ist, sollten Sie für die finanzielle Überbrückung dieser Zeit vorsorgen. Hier kann zum Beispiel eine hohe Abfindung helfen. Bietet der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung an, kann Sie ein Anwalt beraten und in Verhandlungen vertreten. Oft kann er so für Sie eine höhere Abfindung aushandeln.
9. Fazit
- Beim Abschluss eines Aufhebungsvertragsvertrags muss man grundsätzlich mit einer Sperrzeit rechnen.
- Während der Sperrfrist erhalten Sie kein Arbeitslosengeld. Die Sperrzeit wird auch nicht an das Ende Ihres Bezugs „angehängt“. Sie bekommen also insgesamt weniger Geld.
- Grundsätzlich beträgt die Sperrzeit 12 Wochen. Hätte das Arbeitsverhältnis ohnehin bald geendet, kann die Sperrzeit kürzer sein.
- Wer sich zu spät arbeitssuchend meldet, muss mit einer weiteren Woche Sperrzeit rechnen.
- Keine Sperrzeit wird verhängt, wenn ein wichtiger Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages vorlag.
- Wer gegen eine verhängte Sperrfrist vorgehen möchte, sollte schnell einen Anwalt für Arbeitsrecht aufsuchen. Ein Widerspruch kann nur innerhalb eines Monats eingelegt werden.