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Kündigung während oder nach Kurzarbeit

In wirtschaftlichen Krisen werden Arbeitnehmer häufig in Kurzarbeit versetzt. Will nun eine der Parteien kündigen, wird es kompliziert. Wir erklären, worauf Arbeitnehmer nach einer Kündigung achten müssen.

1. Kündigungsschutz während der Kurzarbeit

Auch wenn es häufig anders verbreitet wird: Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist auch während der Kurzarbeit grundsätzlich zulässig. Das gilt nicht nur für personen- und verhaltensbedingte Kündigungen, sondern auch für Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen.

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits im Jahr 1980 entschieden, dass Arbeitnehmer in Kurzarbeit nicht per se vor Entlassungen geschützt sind. Das beruht auf folgenden Überlegungen: Bei Beantragung der Kurzarbeit geht der Arbeitgeber davon aus, dass er nur vorübergehend weniger Arbeit für die Arbeitnehmer hat. Stellt der Arbeitgeber während der Kurzarbeitsphase aber fest, dass entgegen seiner früheren Einschätzung die Arbeit doch dauerhaft wegfällt, muss er dem Arbeitnehmer auch kündigen dürfen. Denn die Kurzarbeit soll immer nur einen vorübergehenden, nicht aber einen dauerhaften Arbeitsausfall kompensieren. Es müssen sich jedoch nach der Anordnung der Kurzarbeit neue Umstände ergeben, die diese geänderte Einschätzung rechtfertigen.

Ganz so leicht ist eine Kündigung während Kurzarbeit aber nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die bereits angeordnete Kurzarbeit gerade ein Indiz für einen nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarf. Möchte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit aufgrund außerbetrieblicher Umstände beenden, muss er beweisen, dass sich seine ursprüngliche Prognose nicht bewahrheitet hat. Er hat also darzulegen, warum der Beschäftigungsbedarf nun doch dauerhaft entfällt. Dieser Beweis fällt dem Arbeitgeber oft schwer.

Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, so hat dieser gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung Kurzarbeit verhandelt, welche insofern berücksichtigt werden muss. In der Betriebsvereinbarung ist in der Regel dargelegt, welche betriebliche Situation die Einführung von Kurzarbeit notwendig gemacht hat. Außerdem sind die Ziele der Betriebsvereinbarung vereinbart – etwa die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Beispiel: Arbeitgeber A führt Kurzarbeit ein und begründet dies mit einer gesunkenen Nachfrage aufgrund einer vorübergehenden Wirtschaftskrise. Zwei Monate später möchte er nun Arbeitnehmer betriebsbedingt entlassen. Dafür muss er begründen, warum er entgegen seiner früheren Einschätzung nun doch dauerhaft weniger Arbeitskraft benötigt. Grund dafür kann etwa sein, dass nunmehr ein wichtiger Kunde abgesprungen ist.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist aber nicht nur aufgrund von außerbetrieblichen, sondern auch aufgrund von innerbetrieblichen Gründen möglich. In diesen Fällen trifft der Unternehmer eine Entscheidung, welche zum Abbau von Arbeitsplätzen führt. Innerbetriebliche Gründe sind zum Beispiel Maßnahmen zur Rationalisierung oder Reorganisation.

Der Arbeitgeber darf solche Maßnahmen aufgrund seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit grundsätzlich vornehmen, auch wenn Mitarbeiter bereits in Kurzarbeit sind und Arbeitsplätze wegfallen sollten. Die Gerichte sind hier weniger streng und kontrollieren diese Entscheidung nur sehr eingeschränkt.

Beispiel 1: Das Bundesarbeitsgericht hat eine im Anschluss an die Kurzarbeit ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung für wirksam erachtet, bei der durch die Automatisierung eines Arbeitsschritts durch ein technisches Gerät kein Bedarf mehr für die Weiterbeschäftigung des Klägers bestand.
 
Beispiel 2: Ein innerbetrieblicher Umstand ist ebenso anzunehmen, wenn der Arbeitgeber nunmehr von einem dauerhaften Einbruch der Nachfrage ausgeht und deshalb auf Dauer den Betrieb verkleinert (vorstellbar etwa in der Luftfahrt). Entscheidend ist, dass dieser Entschluss auf neuen Erkenntnissen basiert und dauerhaft angelegt ist.

Die innerbetriebliche Änderung muss allerdings auf Dauer angelegt sein. Bloß vorübergehende Anpassungen an die Krisensituation genügen nicht.

Der Arbeitgeber muss in jedem Fall die hohen Anforderungen einer betriebsbedingten Kündigung erfüllen. Gerade bei der Sozialauswahl unterlaufen ihm häufig Fehler, die eine Entlassung angreifbar machen.

Eine spätere Kündigung aufgrund von verhaltens- oder personenbedingten Gründen ist ohnehin möglich, denn diese Gründe haben nichts mit der Kurzarbeit zu tun.

Beispiel: Einige Zeit nachdem im Betrieb des Arbeitgebers B Kurzarbeit eingeführt wurde, schreibt Arbeitnehmer C einen wüsten Brief voller Beleidigungen an seinen Arbeitgeber. Eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist möglich.

2. Gehalt und Kurzarbeitergeld nach einer Kündigung während Kurzarbeit

Während der Kurzarbeit erhalten Arbeitnehmer grundsätzlich nur ein stark reduziertes Gehalt. Ob es auch nach einer Entlassung dabeibleibt, ist noch nicht abschließend geklärt. Denn eine Kündigung während der Kurzarbeitsphase zieht auch sozialversicherungsrechtliche Folgen nach sich.

Übrigens herrscht diese Rechtsunsicherheit auch, wenn die Kurzarbeit erst nach der Kündigung angeordnet wird (also während der Kündigungsfrist).

Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis „ungekündigt“ ist (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Ab Zugang der Kündigung ist der Bezug von Kurzarbeitergeld daher nicht länger möglich. Die Agentur für Arbeit zahlt also kein Kurzarbeitergeld mehr und der Arbeitgeber muss bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wieder selbst die Lohnzahlung übernehmen.

Unklar ist bislang aber immer noch, in welcher Höhe während der Kündigungsfrist in Kurzarbeit das Gehalt gezahlt werden muss, da aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts oder anderer Gerichte zu dieser umstrittenen Frage bislang nicht vorliegen (soweit ersichtlich).

Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits eine vertragliche Regelung für diesen Fall vorgesehen, gilt diese Vereinbarung. Oft fehlt eine entsprechende Absprache jedoch.

Nun gibt es drei verschiedene Möglichkeiten:

  1. Der Arbeitnehmer bekommt das der gekürzten Arbeitsleistung entsprechende Gehalt.
  2. Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber das Gehalt, dass er während der Kurzarbeit auch bislang erhalten hat, d. h. der Arbeitgeber zahlt neben dem gekürzten Gehalt auch das von der Agentur für Arbeit bislang gezahlte Kurzarbeitergeld.
  3. Der Arbeitnehmer erhält den vollen Lohn, welchen er auch vor der Einführung der Kurzarbeit bekommen hat.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer älteren Entscheidung aus dem Jahr 1990 vertreten, dass der Arbeitgeber zumindest den Lohn in Höhe des Kurzarbeitergeldes weiterzahlen muss. Ob es dieser Lösung auch noch über 30 Jahre später folgt, bleibt abzuwarten.

Die Rechtsunsicherheit lässt sich vermeiden, indem ein Abwicklungsvertrag abgeschlossen wird. Darin einigen Sie sich auf eine bestimmte Lohn- bzw. Abfindungshöhe. Allerdings können so Risiken beim Arbeitslosengeld entstehen. Schließen Sie daher keinen Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag ohne Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts ab.

3. Kündigungsfrist und besonderer Kündigungsschutz

Hinsichtlich der Länge der Kündigungsfrist ergeben sich bei der Kurzarbeit keine Besonderheiten. Es gelten die allgemeinen gesetzlichen Regelungen. Die Kündigungsfrist richtet sich nach der Bestimmung im Arbeitsvertrag oder ersatzweise nach der Dauer, die der Arbeitnehmer bereits im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt ist (§ 622 BGB).

Auch ein bestehender besonderer Kündigungsschutz (z.B. wegen Mutterschutz, Elternzeit, Schwerbehinderung oder Betriebsratstätigkeit) wird durch die Kurzarbeit nicht berührt. Es bleibt daher dabei, dass diese Arbeitnehmergruppen besonders schwer zu entlassen sind.

4. Arbeitnehmer kündigt während Kurzarbeit

Selbstverständlich kann während der Kurzarbeit nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen. Auf die Voraussetzungen der Eigenkündigung hat die Kurzarbeit keine Auswirkungen. Das bedeutet insbesondere, dass der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist einhalten muss (§ 622 Abs. 1 BGB). Diese beträgt grundsätzlich vier Wochen, sofern Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Abweichendes bestimmen.

Kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit, stellt sich auch hier die bisher ungeklärte Frage, welche Vergütung der Arbeitnehmer bis zum Ende seiner Anstellung verlangen kann.
Beachten muss der Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung außerdem auch die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Bei einer Eigenkündigung ohne Anschlussbeschäftigung zahlt die Agentur für Arbeit unter Umständen für bis zu zwölf Wochen kein Arbeitslosengeld.

5. Fazit

  • Der Arbeitgeber kann auch während der Kurzarbeit Arbeitnehmer entlassen.
  • Die betriebsbedingte Kündigung ist ihm allerdings erschwert. Der Arbeitgeber muss neue Umstände beweisen, die nunmehr für einen dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen sprechen.
  • Es ist noch nicht geklärt, in welcher Höhe der Arbeitnehmer Lohn für die Zeit zwischen Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen kann.
  • Kündigungsfrist und besonderer Kündigungsschutz werden durch die Kurzarbeit nicht beeinflusst.
  • Eine Eigenkündigung ist während Kurzarbeit ohne besondere Voraussetzungen möglich. Auch hier stellt sich aber die Frage, welches Entgelt während der Kündigungsfrist zu zahlen ist.

6. FAQ

Darf der Arbeitgeber mein Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit betriebsbedingt kündigen?
Welches Gehalt bekomme ich bei einer Kündigung während der Kurzarbeit?
Kann ich selbst während der Kurzarbeit kündigen?