Mit einer Abmahnung können Arbeitgeber das Fehlverhalten eines Mitarbeiters rügen und diesen für den Wiederholungsfall vor Konsequenzen, insbesondere dem drohenden Verlust seines Arbeitsplatzes, warnen.
In diesem Zusammenhang sind vor allem folgende Fragen von Bedeutung:
1. Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung?
Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt in der Regel mindestens eine vorherige Abmahnung voraus. Ausnahmen gelten lediglich bei besonders schweren Pflichtverstößen. Andersherum führen aber – entgegen landläufiger Meinung – drei Abmahnungen nicht automatisch zu einer Kündigung.
Arbeitnehmer, die eine Abmahnung erhalten haben, müssen sich immer die Frage stellen, ob diese wirksam und berechtigt ist und wie sie sinnvollerweise darauf reagieren sollen.
2. Wann ist eine Abmahnung unwirksam?
Die arbeitsrechtliche Abmahnung ist gesetzlich nicht besonders geregelt. Durch die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesarbeitsgerichts, wurden aber bestimmte Grundsätze entwickelt:
- So gelten für die Abmahnung weder bestimmte Fristen noch Formvorschriften. Sie kann also auch dann noch ausgesprochen werden, wenn das beanstandete Verhalten des Arbeitnehmers schon einige Zeit zurückliegt. Sie kann entweder schriftlich oder auch nur mündlich erfolgen. Bei einer mündlichen Abmahnung kann es allerdings zu Beweisproblemen kommen. Insbesondere wenn der Arbeitgeber später eine personenbedingte Kündigung ausspricht kann er die hierfür meist erforderlichen vorherigen Abmahnungen nur schwer nachweisen, wenn diese lediglich mündlich erfolgt sind.
- Die Abmahnung muss von einer Person ausgesprochen werden, die dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt ist. Dies kann der Geschäftsführer sein, aber auch ein sonstiger fachlicher oder disziplinarischer Vorgesetzter, etwa ein Abteilungsleiter.
- Inhaltlich muss die Abmahnung das gerügte Verhalten konkret bezeichnen. Der Vorgesetzte darf es nicht bei allgemeinen Unmutsäußerungen über den Mitarbeiter belassen, sondern muss detailliert darlegen, wann und wo der Betreffende durch welche genaue Handlung gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen haben soll. Bei dem gerügten Verhalten kann es sich um schlechte Arbeitsleistung, häufiges Zuspätkommen, „Blaumachen“ oder andere Verfehlungen handeln, die das Arbeitsverhältnis belasten. Es darf sich dabei aber nicht nur um eine völlige Bagatelle handelt. Ein Arbeitnehmer, der einmal aufgrund eines Verkehrsstaus wenige Minuten zu spät kommt, kann deshalb nicht abgemahnt werden – dies wäre unverhältnismäßig!
- Neben der Rüge muss der Arbeitnehmer den Mitarbeiter in der Abmahnung dazu auffordern, sich in Zukunft vertragstreu zu verhalten. Sinnvollerweise sollte für künftiges Fehlverhalten auch eine Kündigung angedroht werden. Fehlt dieser Warnhinweis, so kann es in einem späteren Kündigungsschutzprozess streitig sein, ob vor der Kündigung wirklich eine Abmahnung erfolgt ist oder ob der Chef seinen Mitarbeiter lediglich belehren oder ihm einen allgemeinen Verweis oder Rüffel erteilen wollte.
- Bei einer schriftlichen Abmahnung ist außerdem wichtig, dass sie dem Arbeitnehmer auch zugeht, er von ihr also Kenntnis nehmen kann. Der Chef kann sie ihm zum Beispiel persönlich übergeben, sinnvollerweise vor Zeugen. Er kann sie auch an seinen Arbeitsplatz legen oder sie ihm mit der Post nach Hause schicken – aus Beweisgründen vorzugsweise per Einschreiben.
3. Verhalten bei unwirksamer Abmahnung
Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer bei einer unwirksamen Abmahnung verlangen, dass diese aus seiner Personalakte entfernt wird.
Beispiele sind etwa pauschale, nicht konkret bezeichnete Vorwürfe wie „Herr Meier ist unzuverlässig“ oder die „Abmahnung“ durch eine unbefugte Person, etwa einen auf gleicher Hierarchieebene stehenden Kollegen.
Im Hinblick auf einen möglichen späteren Kündigungsschutzprozess ist jedoch folgendes zu bedenken: Der Arbeitgeber kann eine formell nicht ordnungsgemäße Abmahnung schnell korrigieren und sie dann zur Akte nehmen. Für den Arbeitnehmer kann es deshalb in dieser Situation sinnvoller sein, den Chef nicht auf die Unwirksamkeit hinzuweisen, sondern einfach nichts weiter zu unternehmen.
Wer Zweifel hat, ob er überhaupt eine wirksame Abmahnung erhalten hat, der sollte sich aber unbedingt von einem spezialisierten Rechtsanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen um zu entscheiden, ob und wie darauf reagiert werden soll.
4. Verhalten bei sachlich unrichtiger Abmahnung
Ist die Abmahnung zwar formell korrekt ergangen, ist der Arbeitnehmer aber der Meinung, sie sei zu Unrecht erfolgt – zum Beispiel weil er die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung gar nicht begangen hat – so sollte er auf jeden Fall aktiv werden. Dabei hat er verschiedene Optionen:
Gegendarstellung
Er kann eine Gegendarstellung verfassen, welche der Arbeitgeber in die Personalakte aufnehmen muss. Je nach individueller Situation sollte diese im eigenen Namen abgegeben werden oder mit Anwaltsbriefkopf. Darin kann zum Beispiel geschildert werden, dass der Betroffene keinesfalls „Blau gemacht“ hat, sondern nachweislich krank war, dass er einen ihm vorgeworfenen Fehler gar nicht gemacht hat oder dass die Situation falsch dargestellt wurde.
Entfernung aus Personalakte
Entspricht der in der Abmahnung niedergelegte Vorwurf gar nicht den Tatsachen, so kann der Mitarbeiter den Chef darüber hinaus auch – ggf. mit Hilfe des Betriebsrats – dazu auffordern, die unberechtigte Abmahnung aus seiner Personalakte zu entfernen.
Die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte kann notfalls auch vor dem zuständigen Arbeitsgericht eingeklagt werden. Zu empfehlen ist dieses letzte Mittel aber wirklich nur, wenn buchstäblich alle Stricke reißen. Wenn der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz gerne behalten möchte, ist hierzu eher nicht zu raten. Eine weitere Zusammenarbeit ist nämlich erfahrungsgemäß extrem schwierig, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich erst einmal vor Gericht gegenüber gestanden haben.