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Änderungs­kündigung zur Einführung von Kurzarbeit

Manche Arbeitgeber setzen die Einführung von Kurzarbeit per Änderungskündigung durch – mit meist gravierenden finanziellen Folgen für Arbeitnehmer. Wann ist das zulässig? Welche Rechte haben Betroffene? Hier erfahren Sie die wichtigsten rechtlichen Grundlagen und Handlungsmöglichkeiten.

1. Was ist eine Änderungskündigung?

Eine Änderungskündigung (§ 2 KSchG) ist eine Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortzusetzen.

Im Vergleich zu einer normalen Kündigung ist diese Variante gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer das mildere Mittel, denn dieser kann bei Annahme der Änderung das Arbeitsverhältnis fortsetzen. Allerdings gibt es meist gute Gründe, die Reduzierung von Arbeitszeit und Geld nicht ohne Weiteres hinzunehmen.

Der Arbeitnehmer hat in der Regel drei Möglichkeiten, auf eine Änderungskündigung zu reagieren, die später noch ausführlich erläutert werden:

  1. Annahme der Änderungen: Das Arbeitsverhältnis läuft zu den neuen Bedingungen weiter.
  2. Ablehnung der Änderungen: Die Kündigung wird wirksam, und das Arbeitsverhältnis endet.
  3. Annahme unter Vorbehalt: Der Arbeitnehmer nimmt das Angebot an, klagt jedoch parallel auf die Unwirksamkeit der Änderungen.
Wichtig ist, dass eine Änderungskündigung stets auf ihre sozialrechtliche und arbeitsrechtliche Zulässigkeit geprüft wird. Falls die Änderungen diesbezüglich unzumutbar sind, kann ein Widerspruch oder eine Klage erfolgversprechend sein.

2. Wann ist eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit zulässig?

Oftmals sieht ein existierender Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung Regelungen dazu vor, wann Kurzarbeit möglich ist. Manchmal steht dazu auch etwas im Arbeitsvertrag. Doch nicht immer gibt es derartige Vereinbarungen. Dann besteht für Arbeitgeber grundsätzlich die Möglichkeit, Kurzarbeit auch im Rahmen einer Änderungskündigung anzuordnen.

Voraussetzungen einer Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit kann nur unter bestimmten Bedingungen zulässig sein:

  • Kein Kurzarbeitsvorbehalt in Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung: Nur wenn weder Arbeits- und Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eine Regelung zur Kurzarbeit enthalten, kann eine Änderungskündigung eine Alternative für Arbeitgeber sein.
  • Betriebsbedingte Notwendigkeit: Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass ohne Kurzarbeit betriebliche Gründe eine Kündigung erforderlich machen würden.
  • Verhältnismäßigkeit: Eine Änderungskündigung muss das mildeste Mittel sein – eine einvernehmliche Lösung oder eine Betriebsvereinbarung wären vorzuziehen.
  • Beteiligung des Betriebsrats: Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat, so ist dieser auch zu beteiligen. Geschieht das nicht, so kann dies die Änderungskündigung unwirksam machen.

Für den Arbeitgeber bestehen insofern enge Grenzen für eine Änderungskündigung und er muss seine Entscheidung gut begründen. Wenn eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit nicht hinreichend begründet wurde oder keine existenzielle wirtschaftliche Notlage (betriebsbedingte Notwendigkeit) des Unternehmens vorliegt, so kann sie unwirksam sein.

In der Praxis stellt sich die Situation im klassischen Fall beispielsweise wie folgt dar:

Beispiel: Das Unternehmen T verzeichnet aufgrund einer anhaltenden Wirtschaftskrise drastisch sinkende Umsätze. Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, will die Geschäftsleitung Kurzarbeit einführen.

Da in den bestehenden Arbeitsverträgen keine Regelung zur Kurzarbeit enthalten ist, bietet die Firma dem Arbeitnehmer A eine Änderungskündigung an: Der Arbeitsvertrag soll angepasst werden, um Kurzarbeit mit einer Gehaltsreduzierung von 40 % zu ermöglichen. A steht nun vor der Entscheidung, ob er die Änderung annimmt, sie unter Vorbehalt akzeptiert oder eine Klage einreicht.

Ordentliche oder außerordentliche Änderungskündigung?

Eine Änderungskündigung kann entweder ordentlich – also unter Einhaltung der regulären Kündigungsfrist – oder außerordentlich – also fristlos – erfolgen:

  • Wird die Änderungskündigung als ordentliche Kündigung ausgesprochen, bleibt der ursprüngliche Arbeitsvertrag bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist bestehen. Erst danach greifen die neuen Vertragsbedingungen.
  • In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber jedoch eine außerordentliche Änderungskündigung aussprechen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer eigentlich unkündbar ist. In solchen Fällen wird die Änderungskündigung oft erst nach einer Auslauffrist wirksam, die sich an der regulären Kündigungsfrist orientiert.

    Beispiel: Arbeitnehmer B ist aufgrund eines Tarifvertrags unkündbar. Sein Arbeitgeber muss jedoch aus wirtschaftlichen Gründen Kurzarbeit einführen. Da eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist, spricht der Arbeitgeber am 13. Juli eine außerordentliche Änderungskündigung mit Auslauffrist aus.

    B ist seit 10 Jahren im Unternehmen beschäftigt, daher gelten besondere Fristen. So sieht § 622 Absatz 2 Nr. 4 BGB eine ordentliche Kündigungsfrist von vier Monaten zum Monatsende für solche Mitarbeiter vor. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis bleibt somit bis zum 30. November bestehen. Ab dem 1. Dezember gelten die neuen Arbeitsbedingungen.

Verzichtbar ist die Auslauffrist nur, wenn der Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat, die eine sofortige Änderung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.

3. Beispiel aus der Rechtsprechung (Arbeitsgericht Stuttgart)

Die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit in Betrieben ohne Betriebsrat wurde vom Arbeitsgericht Stuttgart in einem aufsehenerregenden Urteil bestätigt (ArbG Stuttgart, Urteil vom 22.10.2020, Az.: 11 Ca 2950/20). Der Fall zeigt, unter welchen Umständen eine solche Kündigung zulässig sein kann und welche Konsequenzen sich daraus für Arbeitnehmer ergeben.

Hintergrund

Eine Personaldisponentin, die für die Einsatzplanung in Kindertagesstätten verantwortlich war, weigerte sich, einer vom Arbeitgeber geplanten Kurzarbeitsregelung zuzustimmen. Die Kindertagesstätten waren pandemiebedingt geschlossen, sodass ihre Arbeit in diesem Zeitraum stark eingeschränkt war. Der Arbeitgeber bot der Arbeitnehmerin eine Änderungskündigung an, um Kurzarbeit zu ermöglichen. Da sie dies ablehnte, wurde ihr eine fristlose sowie hilfsweise ordentliche Änderungskündigung ausgesprochen. Die Arbeitnehmerin wehrte sich vor Gericht dagegen, da sie die Änderungskündigung für unwirksam hielt.

Entscheidung des Gerichts

Das Arbeitsgericht Stuttgart hielt die fristlose Änderungskündigung in diesem Fall für rechtmäßig. Das Gericht begründete dies damit, dass der Arbeitsausfall auf einer unvorhersehbaren Sondersituation (Pandemie) beruhte, was die kurzfristige Einführung von Kurzarbeit notwendig machte.

Nach dem Arbeitsgericht Stuttgart muss eine Änderungskündigung aber immer verhältnismäßig sein. Dies sei erfüllt, wenn:

  • Die Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit mit einer gewissen Ankündigungsfrist einhergeht (im Fall: 3 Wochen)
  • Die persönlichen Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld nach den §§ 95, 96 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in Bezug auf den Arbeitnehmer vorliegen
  • Die Kurzarbeit begrenzt ist, insbesondere in ihrer zeitlichen Dauer
  • Der Arbeitgeber alle denkbaren milderen Mittel bereits versucht hat, vor allem Kurzarbeit auf einvernehmlichem Wege einzuführen

Eine außerordentliche Änderungskündigung kann also möglich sein, wenn der Arbeitgeber eine wirtschaftliche Notlage plausibel begründen kann und er die Verhältnismäßigkeit wahrt.

Bedeutung für Arbeitnehmer

Änderungskündigungen waren schon vorher möglich, nun sind aber deren Voraussetzungen klarer formuliert. Daraus ergeben sich auch die Grenzen innerhalb derer sich Arbeitnehmer gegen Änderungskündigungen zur Einführung von Kurzarbeit erfolgreich gerichtlich zur Wehr setzen können. Dies ist nicht uneingeschränkt möglich, insbesondere in (wirtschaftlichen) Sondersituationen wie einer Pandemie. Dennoch sollten Betroffene prüfen lassen, ob die Kündigung wirklich sozial gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall hatte die Arbeitnehmerin eine fehlerhafte Sozialauswahl nicht gerügt.

Denn einzelfallabhängige Faktoren wie:

  • Fehlende wirtschaftliche Notwendigkeit
  • Mangelhafte Sozialauswahl
  • Nichtbeachtung des Betriebsrats

können dazu führen, dass eine Änderungskündigung rechtlich angreifbar ist.

4. Wie auf eine Änderungskündigung reagieren?

Rechtsberatung wichtig: Eine Änderungskündigung kann gravierende Folgen haben. Daher ist eine frühzeitige Rechtsberatung dringend ratsam, um die individuellen Handlungsoptionen zu prüfen.

Wer eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit erhält, hat grundsätzlich drei rechtliche Reaktionsmöglichkeiten:

Möglichkeit 1: Vorbehaltlose Annahme der Änderungskündigung

Wenn der Arbeitnehmer die Änderungskündigung vorbehaltlos annimmt, wird der Arbeitsvertrag unter den neuen Bedingungen fortgesetzt. Dies bedeutet, dass die Kurzarbeit und die damit verbundene Gehaltsreduzierung akzeptiert werden.

Praxistipp: Eine Annahme muss nicht ausdrücklich erfolgen. Auch wenn Arbeitnehmer nach Erhalt einer Änderungskündigung (insbesondere im Fall der außerordentlichen Änderungskündigung) einfach wortlos weiterarbeiten, ohne einen Vorbehalt oder Widerspruch zu erklären, kann darin eine vorbehaltlose Annahme gesehen werden.
Wichtig: Nach Annahme der Änderungskündigung kann man zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr dagegen vorgehen!

Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass diese Entscheidung langfristige finanzielle Auswirkungen haben kann. Daher kann es sinnvoll sein, vor der Annahme mit dem Arbeitgeber über mögliche Zusatzleistungen wie einen Lohnausgleich oder Weiterbildungsmaßnahmen zu verhandeln.

Möglichkeit 2: Ablehnung der Änderungskündigung

Lehnt der Arbeitnehmer die Änderungskündigung ab, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. Diese Entscheidung sollte gut überlegt sein, denn sie ist mit einigem Risiko verbunden:

  • Durch die Ablehnung wird der Arbeitnehmer in der Folge arbeitslos, sofern er keine neue Stelle in Aussicht hat.
  • Zudem kann es beim Arbeitslosengeld zu einer Sperrzeit kommen, wenn die Arbeitsagentur davon ausgeht, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eigenes Verhalten verursacht wurde.

Arbeitnehmer sollten nicht nur in diesem Fall frühzeitig prüfen (lassen), ob in ihrem Fall eine Abfindung möglich ist und ob eine Kündigungsschutzklage erfolgversprechend ist. Eine gute Alternative zur Kündigungsschutzklage kann die Änderungsschutzklage sein, die in der folgend beschriebenen dritten möglichen Reaktion Bedeutung erlangt.

Möglichkeit 3: Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt (Änderungsschutzklage)

Die beste Strategie für viele Arbeitnehmer kann es sein, die Änderungskündigung unter Vorbehalt anzunehmen und anschließend eine Änderungsschutzklage (§ 4 Satz 2 KSchG) zu erheben. Diesen Fall sieht auch das Kündigungsschutzgesetz in § 2 Satz 1 ausdrücklich vor.

Das Arbeitsverhältnis bleibt dann bestehen, während das Gericht prüft, ob die Änderung sozial gerechtfertigt ist. Dabei sollte auch die Sozialauswahl des Arbeitgebers hinterfragt werden, denn Fehler in der Auswahl der betroffenen Mitarbeiter können die Änderungskündigung unwirksam machen.

Es empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen:

  1. Wer die Änderungskündigung unter Vorbehalt annehmen will, muss dies dem Arbeitgeber rechtzeitig mitteilen.
    Dafür gibt es eine wichtige Frist: Die Erklärung muss häufig spätestens innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung erfolgen. Nur wenn die Kündigungsfrist länger als drei Wochen ist, dann kann der Vorbehalt auch bis zum Ende der Kündigungsfrist erklärt werden.
  2. Danach sollte möglichst schnell eine Änderungsschutzklage eingereicht werden, denn auch dafür gilt eine Frist von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung.
Praxistipp: Wird eine Änderungsschutzklage fristgerecht erhoben, so reicht das dem Gericht meist aus. Es nimmt dann einen Vorbehalt an. Wird stattdessen eine Kündigungsschutzklage erhoben, so kann dies als vorbehaltlose Ablehnung der Änderungskündigung (Möglichkeit 2) interpretiert werden.

Die Konsequenzen der beschriebenen Optionen sehen wie folgt aus:

  • Falls das Gericht entscheidet, dass die Änderungskündigung nicht sozial gerechtfertigt war, bleiben die ursprünglichen Arbeitsbedingungen bestehen.
  • Sollte das Gericht dem Arbeitnehmer nicht Recht geben und die Änderungskündigung als wirksam einstufen, so kann der Arbeitgeber zu den geänderten Bedingungen weiterarbeiten und ist nicht – anders als bei einer Ablehnung der Änderungskündigung – arbeitslos.
  • Wird der Vorbehalt nicht rechtzeitig erklärt oder keine Klage erhoben, gelten automatisch die neuen Arbeitsbedingungen.

Verhandlung über Alternativen

Auch wenn Arbeitgeber dazu meist nicht bereits sein werden, können Arbeitnehmer versuchen, mit dem Arbeitgeber alternative oder zusätzliche Lösungen zu verhandeln. Zu individuell günstigeren Vereinbarungen (neben Kurzarbeit) könnten etwa zählen:

  • Individuelle Vereinbarungen zur Dauer der Kurzarbeit und dem Rückkehrrecht nach wirtschaftlicher Erholung
  • Teilweiser Lohnausgleich
  • Weiterbildungsmaßnahmen während der Kurzarbeit zur Qualifizierung für andere Unternehmensbereiche

5. Fazit

  • Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortzusetzen.
  • Wenn es keine vertragliche Rechtsgrundlage zur Einführung von Kurzarbeit gibt, nutzen Arbeitgeber dafür häufig das Instrument der Änderungskündigung.
  • Eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit ist nur zulässig, wenn keine andere Möglichkeit besteht und der Arbeitgeber die betriebsbedingte Notwendigkeit nachweisen kann.
  • Arbeitnehmer haben bei Erhalt einer Änderungskündigung drei Reaktionsmöglichkeiten:
    1. Sie können die Änderung vorbehaltlos annehmen, wodurch das Arbeitsverhältnis unter den neuen Bedingungen fortgesetzt wird.
    2. Die Ablehnung der Änderungskündigung führt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, kann jedoch mit Risiken wie einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verbunden sein.
    3. Eine Annahme unter Vorbehalt mit anschließender Änderungsschutzklage ermöglicht es, die ursprünglichen Arbeitsbedingungen beizubehalten, falls die Kündigung unwirksam ist.