1. Haben Sie einen Anspruch gegenüber Ihrem Arbeitgeber?
Es gibt verschiedene Gründe, aus denen sich ein offener Anspruch auf Bezahlung ergeben kann. In den meisten Fällen ist unerheblich, ob Sie selber gekündigt haben oder der Arbeitgeber.
Eine Rolle spielt jedoch, ob eine fristgebundene ordentliche Kündigung oder eine fristlose außerordentliche Kündigung erklärt wurde. Bei einer ordentlichen Kündigung endet der Arbeitsvertrag erst nach Ablauf einer Frist und bis dahin werden Sie weiterbezahlt.
Dies sind die häufigsten Ansprüche, die Sie nach einer Kündigung noch haben:
Lohn/Gehalt, Feiertage und Zuschläge
Sobald Sie gearbeitet haben, steht Ihnen anteilig Lohn zu. Die Höhe des anteiligen Lohnanspruchs berechnet sich bei unterschiedlichen Lohnformen wie folgt:
- Bei Stundenlohn wird der Stundensatz mit der abgeleisteten Arbeitszeit multipliziert.
- Der Monatslohn wird durch die Gesamtzahl der Arbeitstage im Monat geteilt und mit der Anzahl der bereits verstrichenen Arbeits- und Feiertage multipliziert.
In beiden Fällen müssen Sie auch
- Gesetzliche Feiertage
- Urlaubstage
- und Krankheitstage, für denen Ihnen Entgeltfortzahlung zusteht (meist also für die ersten sechs Wochen Ihrer Arbeitsunfähigkeit)
zu Ihren Gunsten einberechnen. Im Falle des Stundenlohns kommt es darauf an, wie viel Sie an den Tagen gearbeitet hätten.
Rechenbeispiele
Stundenlohn: Arbeitnehmer A bekommt einen Stundenlohn von 18 Euro und hat bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses 80 Arbeitsstunden abgeleistet, die noch nicht bezahlt wurden. A steht ein offener Vergütungsanspruch i. H. v. 1.440 Euro zu.
Monatslohn: Arbeitnehmer B bekommt monatlich pauschal 4.000 Euro brutto. Der Monat, in dem er selber kündigt, umfasst insgesamt 20 Arbeits- und zwei Feiertage (Gesamtzahl der Arbeits- und Feiertage im Monat). Er hat an 13 Arbeitstagen gearbeitet und an zwei weiteren Tagen ist die Arbeitszeit wegen gesetzlicher Feiertage ausgefallen (insgesamt 15 Tage). B hat einen Lohnanspruch i. H. v. 2.727,30 Euro. Die Rechnung sieht wie folgt aus:
4.000 Euro : 22 Arbeitstage = 181,82 Euro (pro Arbeitstag)
181,82 (pro Arbeitstag) x 15 (tatsächlich abgeleistete Arbeitstage) = 2.727,30 Euro
Neben dem Lohn erhalten Sie grundsätzlich die vereinbarten Zuschläge z.B. für Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit.
Überstunden
Falls Sie vor Ihrer Kündigung Überstunden angesammelt haben, sollten Sie sich nicht von Klauseln verunsichern lassen, nach denen Überstunden mit der üblichen Vergütung abgegolten werden. Ergibt sich nämlich aus der Klausel nicht der Umfang der ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden, verstößt sie gegen das Transparenzgebot und ist in den vielen Fällen unwirksam. Ausnahmen gelten etwa für Hochqualifizierte und Führungskräfte. Zum Abbau der Überstunden per Freizeitausgleich kann Sie der Arbeitgeber auch nur verpflichten, wenn Arbeits- oder Tarifvertrag dies vorsehen. Sind nach Ablauf der Kündigungsfrist immer noch Überstunden vorhanden, können Sie sich diesen Rest auszahlen lassen.
Im Falle einer außerordentlichen Kündigung sind vergütungspflichtige Überstunden in jedem Fall auszuzahlen, da das Arbeitsverhältnis ab der Kündigung beendet wird und Sie daher keine Möglichkeit mehr zum Ausgleich durch Freizeit haben.
Resturlaub
Wenn Ihnen noch Urlaubstage nach der Kündigung zustehen, müssen diese grundsätzlich während des Ablaufs der Kündigungsfrist genommen werden. Nach Ablauf der Kündigungsfrist oder einer fristlosen Kündigung erhalten Sie einen sog. Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG, der in Geld auszuzahlen ist.
Für die Ermittlung der Höhe muss der Gesamtarbeitsverdienst aus den letzten 13 Wochen durch die Anzahl der Arbeitstage (5 Tage x 13 Wochen) dividiert und dann mit der Anzahl der nicht genommenen Urlaubstage multipliziert werden.
Beispiel: Arbeitnehmer C wurde außerordentlich gekündigt. Ihm stehen noch 13 Urlaubstage zu. In den letzten drei Monaten hat er insgesamt 10.500 Euro verdient. C hat einen Urlaubsabgeltungsanspruch i. H. v. 2.100,02 Euro.
10.500 Euro : 65 Tage = 161,54
161,54 Euro x 13 Urlaubstage = 2.100,02 Euro
Annahmeverzug beim Gerichtsverfahren gegen die Kündigung
Sobald Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigt und ggf. die Kündigungsfrist abgelaufen ist oder Sie von der Arbeit freigestellt wurden, möchte er oft nicht mehr, dass Sie zur Arbeit erscheinen. Klagen Sie dann gegen die Kündigung und stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest, befindet sich Ihr Arbeitgeber im sog. Annahmeverzug.
Der Arbeitgeber hat nämlich Ihre Arbeitsleistung unberechtigt zurückgewiesen. Sie können deshalb von ihm die vereinbarte – wegen der vermeintlichen Kündigung aber ausgebliebene – Vergütung verlangen. Da sich Ihr Arbeitgeber im Annahmeverzug befand, sind Sie auch nicht zur Nachleistung verpflichtet.
2. Bis wann muss der Arbeitgeber nach einer Kündigung zahlen?
Damit Sie Ihren Zahlungsanspruch auch fordern und durchsetzen dürfen, muss er fällig sein. Die Fälligkeit der Ansprüche ergibt sich in der Regel aus einem Tarif- oder Arbeitsvertrag.
Falls Regelungen dazu in den Verträgen fehlen, zieht man die gesetzliche Fälligkeitsregelung aus § 614 BGB heran. Regelmäßig sind Vergütungsansprüche danach am ersten Tag des Folgemonats fällig. Bei einer wirksamen außerordentlichen Kündigung wird der Vergütungsanspruch wegen der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab dem Zeitpunkt der Kündigung fällig.
3. Bis wann müssen Sie Ihre Ansprüche geltend machen?
Die meisten Arbeits- und Tarifverträge sehen eine sog. Ausschlussfrist vor. Danach haben Sie oft nur wenige Wochen Zeit, um Ihren Anspruch geltend zu machen. Viele Verträge verlangen außerdem, dass Sie Ihren Anspruch schriftlich einfordern. Sie sollten dann ein Schreiben mit persönlicher Unterschrift aufsetzen und abschicken. Je nach Klausel sind Sie anschließend zur Klage gezwungen, wenn der Arbeitgeber immer noch nicht zahlt.
Sollten Sie die Ausschlussfrist verpassen, steht Ihnen nach § 3 MiLoG zumindest noch der Anspruch in Höhe des Mindestlohns zu.
Auch wenn keine Ausschlussklausel greift, sollten Sie den Kalender im Blick behalten – vor allem bei lang zurückliegenden Ansprüchen:
Der Anspruch auf Vergütung verjährt grundsätzlich drei Jahre nach seinem Entstehen. Die Verjährungsfrist beginnt in den meisten Fällen am Ende des Jahres.
Beispiel: Eine Arbeitnehmerin leistet im Mai 2020 zahlreiche Überstunden, für die sie eine Vergütung verlangen kann. Der Anspruch auf die Bezahlung verjährt mit Ablauf des 31.12.2023. Danach muss der Arbeitgeber die Überstundenvergütung grundsätzlich nicht mehr zahlen.
4. Was tun, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt?
Wir empfehlen Ihnen in der Regel, den Arbeitgeber zunächst schriftlich per Einschreiben zur Zahlung aufzufordern. Benennen Sie dabei dem Grund und der Höhe nach genau, was Ihnen zusteht (Mahnung). Den Brief sollten Sie mit Blick auf die Anforderungen vieler Ausschlussklauseln unterschreiben. Zur besseren Nachweisbarkeit empfehlen wir oft ein Einwurfeinschreiben.
Sollte der Arbeitgeber nach wie vor nicht reagieren, sollten Sie einen Rechtsanwalt einschalten, der den Betrag notfalls per Klage für Sie durchsetzt. Sie müssen beweisen, dass der Arbeitgeber Ihnen noch etwas schuldet. Deshalb sollten Sie Ihre Arbeitszeiten und insbesondere Ihre Überstunden ordentlich festhalten und Belege über Ihre vereinbarten Zahlungskonditionen aufbewahren.
Der Arbeitgeber kommt im Arbeitsrecht grundsätzlich automatisch in Schuldnerverzug, wenn er den Termin verstreichen lässt, an dem Ihre Bezahlung fällig wird.
Wenn kein Zahlungstermin vorgesehen ist (z.B. bei einer Abfindung), gerät der Arbeitgeber mit Ihrer Mahnung in Verzug.
Dann stehen Ihnen auch Zinsen und weitere Ansprüche auf Schadensersatz hinzu (z.B. für Anwaltskosten).
5. Muster-Mahnung zum Download
Muster für eine Mahnung
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem Schreiben fordere ich Sie zur Zahlung fälligen Arbeitsentgelts auf.
Aus unserem Arbeitsvertrag vom [Datum] steht mir ein Anspruch auf Bruttovergütung in Höhe von [Betrag ohne Verzugszinsen] zu, den Sie trotz Fälligkeit noch nicht erfüllt haben. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
- Bruttoarbeitsentgelt für den Monat [Monat und Jahr] in Höhe von [Betrag]
- Vergütung von [Anzahl] Überstunden in der Zeit vom [Zeitspanne] in Höhe von [Betrag]. [Optional:] Sämtliche dieser Überstunden wurden von meiner Vorgesetzten/meinem Vorgesetzen [Name] angeordnet/gebilligt. Zum Nachweis füge ich die E-Mails zwischen mir und [Name] an.
Somit ergibt sich ein fälliger Betrag in Höhe von [Betrag].
Ich weise Sie darauf hin, dass Sie sich mit der Begleichung dieses Betrags in Verzug befinden und mache hiermit die Verzugszinsen in voller Höhe geltend.
Ich fordere Sie auf, das fällige Arbeitsentgelt sowie die darauf geschuldeten Verzugszinsen gem. § 288 Abs. 1 BGB bis zum [Datum] auf das Ihnen bekannte Konto mit der IBAN […] zu überweisen.
Sollte der Betrag nicht binnen der o.g. Frist eingehen, sehe ich mich gezwungen, auf Ihre Kosten einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung meiner Forderung zu beauftragen.
Mit freundlichen Grüßen,
[Händische Unterschrift]
6. Fazit
- Ihnen steht auch nach einer Kündigung ein Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber wegen bereits erbrachter und fälliger Arbeitsleistung zu.
- Die Ansprüche ergeben sich aus offenen Lohn-/Gehaltsansprüchen, Überstunden und Resturlaub.
- Die Fälligkeit der Vergütungsansprüche richtet sich nach Tarif- oder Arbeitsvertrag oder nach § 614 BGB und fällt regelmäßig auf die ersten Tage des Folgemonats.
- Zunächst sollten Sie den Arbeitgeber schriftlich anmahnen. Wenn er dann immer noch nicht zahlt, können Sie gerichtlich gegen den Zahlungsverzug vorgehen. Bewahren Sie aus Beweisgründen Belege über Ihre Arbeitszeiten sorgfältig auf.
- Beachten Sie Ausschlussfristen in Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag. Die Zeit ist oft knapp.