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Aufhebungsvertrag? So erzielen Sie die maximale Abfindung

Bei einem Aufhebungsvertrag besteht für Arbeitnehmer Aussicht auf die Zahlung einer Abfindung. Doch wie kann man eine möglichst hohe Abfindung herausholen? In diesem Artikel erfahren Sie, mit welchen Strategien und Verhandlungstaktiken Sie eine bestmögliche Abfindung erzielen. Zudem betrachten wir die Auswirkungen einer Abfindung auf das Arbeitslosengeld. Denn was nützt eine hohe Abfindung, wenn man dafür drei Monate lang kein Arbeitslosengeld bekommt?

1. Allgemeines zu Aufhebungsvertrag und Abfindung

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Initiative dafür kann von beiden Seiten ausgehen.

Anders als bei einer Kündigung bedarf es zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags der Zustimmung beider Parteien. Diese freiwillige Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bietet für beide Seiten Vorteile und kann flexibel gestaltet werden.

Gibt es eine gesetzliche Abfindung?

Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben gibt es in Deutschland keinen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag. Abfindungen sind vielmehr Verhandlungssache und basieren auf individuellen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung besteht nur in bestimmten Ausnahmefällen, wie zum Beispiel bei betriebsbedingten Kündigungen gemäß § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Auch Sozialpläne oder Tarifverträge können Regelungen enthalten, die Abfindungen vorsehen.

Grundsätzlich gilt jedoch: Um eine Abfindung zu erhalten, müssen Arbeitnehmer aktiv verhandeln und ihre Erwartungen durchsetzen.

Warum bieten Arbeitgeber eine Abfindung an?

Arbeitgeber möchten natürlich am liebsten keine Abfindungszahlung leisten oder deren Höhe möglichst gering halten. Dennoch bieten sie häufig trotz fehlenden gesetzlichen Anspruchs von sich aus eine Abfindung an, um potenziellen rechtlichen Auseinandersetzungen vorzubeugen und eine schnelle und konfliktfreie Trennung zu ermöglichen.

Eine Kündigung des Arbeitnehmers hat für den Arbeitgeber hohe gesetzliche Hürden und birgt immer das Risiko einer langen und teuren gerichtlichen Auseinandersetzung. Mit einem Aufhebungsvertrag können Arbeitgeber diesem Risiko aus dem Weg gehen. Das Angebot einer Abfindung durch den Arbeitgeber kann daher als Anreiz dienen, damit der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt.

Natürlich hat der Arbeitgeber nur ein geringes Interesse, Ihnen eine Abfindung anzubieten, wenn er sich gar nicht von Ihnen trennen möchte und Sie selbst einen Aufhebungsvertrag vorschlagen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber Ihnen problemlos kündigen könnte.

2. Faktoren, die die Höhe der Abfindung beeinflussen

Die Höhe der Abfindung ist von mehreren Faktoren abhängig:

  1. Dauer der Betriebszugehörigkeit: Üblicherweise wird die Abfindungshöhe anhand der Betriebszugehörigkeit berechnet. Ein halbes bis ein volles Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr kann als Faustregel dienen.
  2. Rechtliche Zweifel an der Kündigung: Je höher die Wahrscheinlichkeit, dass eine arbeitgeberseitige Kündigung vor Gericht keinen Bestand hätte, desto höher ist die Bereitschaft des Arbeitgebers, eine (hohe) Abfindung zu zahlen.
    Beispiel: M arbeitet in einem Unternehmen, welches als Online-Versandhandel Angelzubehör anbietet. Sie streitet sich schon seit Längerem über die Wirtschaftlichkeit von häufigen Rabattaktionen mit ihrem Chef. Im Übrigen hat sich M nie etwas zu Schulden kommen lassen und arbeitet fehlerfrei. Möchte sich das Unternehmen dennoch von M trennen, wäre eine Kündigung vor Gericht kaum durchzusetzen, da ein Kündigungsgrund fehlt. Das Unternehmen wird M mithin einen Aufhebungsvertrag mit einer hohen Abfindung unterbreiten.
  3. Verhandlungsgeschick: Ein entscheidender Faktor für die Höhe der Abfindung ist das Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers. Dabei ist es wichtig, die eigenen Stärken einerseits und die rechtlichen Schwächen einer drohenden Kündigung andererseits darzustellen.
  4. Finanzielle Lage und Firmenpolitik des Arbeitgebers: Auch die aktuelle finanzielle Lage des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag kann eine große Rolle spielen hinsichtlich der Höhe einer Abfindung. Gegebenenfalls ist es auch Teil der Firmenpolitik, grundsätzlich Abfindungen in einer gewissen Höhe über dem Durchschnitt zu zahlen.

Genauso wie es in der Regel keinen Anspruch auf eine Abfindung gibt, so gibt es auch keine Obergrenze für die maximale Abfindung. Unser Abfindungsrechner kann Ihnen einen ersten Eindruck davon geben, wie hoch eine Abfindung in Ihrem Fall ausfallen könnte:

3. 3 Tipps für eine maximale Abfindung

1. Frühzeitig anwaltlichen Rat einholen

Eine professionelle rechtliche Beratung ist entscheidend, um eine maximale Abfindung zu erreichen. Ein erfahrener Anwalt für Arbeitsrecht kann die Chancen und Risiken eines Aufhebungsvertrags realistisch einschätzen. Er kann gemeinsam mit Ihnen die Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber vorbereiten und so die bestmögliche Verhandlungsstrategie entwickeln.

2. Verhandlungsvorbereitung

Bevor Sie in Verhandlungen treten, sollten Sie sich umfassend vorbereiten. Dazu gehört:

  • Kenntnis der eigenen Rechte: Informieren Sie sich über Ihre Rechte und Ansprüche. Dazu zählen insbesondere die (gesetzlichen) Kündigungsfristen, mögliche Abfindungsansprüche und Ihre Rechte im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes. Eine gründliche Kenntnis Ihrer rechtlichen Position gibt Ihnen Sicherheit und stärkt Ihre Verhandlungsbasis.
  • Sammeln von Beweismaterial: Dokumentieren Sie alle relevanten Unterlagen, die Ihre Position stärken können, wie z.B. positive Leistungsbeurteilungen, Zeugnisse oder unberechtigte Abmahnungen. Auch E-Mails, Arbeitsnachweise und sonstige schriftliche Kommunikation können hilfreich sein. Diese Dokumente können belegen, dass eine Kündigung ungerechtfertigt wäre und erhöhen so Ihre Chancen auf eine höhere Abfindung.
  • Marktforschung betreiben: Recherchieren Sie, welche Abfindungshöhen in Ihrer Branche und Position üblich sind. Dies hilft Ihnen, eine realistische Vorstellung von Ihrer Verhandlungsposition zu bekommen und angemessene Forderungen zu stellen.

3. Verhandlungstaktiken

  • Verhandlungsspielraum ausloten: Setzen Sie sich ein realistisches Mindestziel und ein optimistisches Maximalziel. Überlegen Sie sich vorher, welche Zugeständnisse Sie bereit sind zu machen und welche Punkte für Sie nicht verhandelbar sind. Eine gute Vorbereitung und Klarheit über Ihre Ziele stärken Ihre Verhandlungsposition. Denken Sie daran, dass Verhandlungen flexibel sein sollten und Sie auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren können müssen.
  • Souveränität zeigen: Bleiben Sie ruhig und sachlich, auch wenn der Arbeitgeber Druck ausübt. Verdeutlichen Sie, warum eine Kündigung vor Gericht Ihrer Ansicht nach keinen Bestand hätte. Betonen Sie zudem, dass ein Aufhebungsvertrag eine freiwillige Vereinbarung ist und daher Vorteile für beide Seiten bieten muss, damit eine Unterschrift für Sie attraktiv ist.
  • Strategisch vorgehen: Es ist entscheidend, dem Arbeitgeber den Eindruck zu vermitteln, dass Sie weiterhin im Unternehmen bleiben möchten und bereit sind, dafür zu kämpfen. Signalisieren Sie, dass Sie notfalls eine Kündigungsschutzklage anstreben würden, um Ihre Position zu sichern. Dadurch erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitgeber eine höhere Abfindung anbietet, um langwierige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie tatsächlich im Unternehmen bleiben wollen. Entscheidend ist nur, dass der Arbeitgeber diesen Eindruck gewinnt.
  • Sprinterklausel nutzen: Bei der Sprinterklausel erhöht sich die Abfindung, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen vorzeitig verlässt. Dies kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn bereits eine neue Anstellung in Aussicht steht. Für Sie bedeutet dies, dass mit der Aufnahme einer solchen Klausel in den Aufhebungsvertrag die Höhe ihrer Abfindung erheblich steigern können.

4. Steuerliche Aspekte berücksichtigen

Steuerrechtlich ist die Abfindung eine außerordentliche Einkunft. Das bedeutet, dass die Abfindung in der Regel in dem Jahr, in dem sie gezahlt wird, versteuert werden muss. Als hohe Einmalzahlung, kann dies zu einer erheblichen Steuerbelastung führen, da die Abfindung das Jahreseinkommen in der Regel stark erhöht und damit zumeist einen höheren Steuersatz zur Folge hat. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Steuerlast zu minimieren.

Fünftelregelung anwenden

Eine besonders wirksame Methode zur Reduzierung der Steuerlast ist die Anwendung der sogenannten Fünftelregelung nach § 24 Einkommenssteuergesetz (EstG). Bei ihrer Anwendung wird der Steuersatz so berechnet, als wäre lediglich ein Fünftel der Abfindung ausgezahlt worden. Die Steuerlast wird so verteilt, als ob die Abfindung über fünf Jahre gestreckt ausgezahlt worden wäre, wodurch in den meisten Fällen die Progression gemildert werden kann und Sie insgesamt weniger Steuern zahlen müssen.

Voraussetzungen für die Anwendung der Fünftelregelung

Damit die Fünftelregelung angewendet werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Abfindung muss als außerordentliche Einkunft anerkannt sein.
  • Die Abfindung muss in einer Summe ausgezahlt werden. Teilzahlungen über mehrere Jahre hinweg sind in der Regel nicht begünstigt.
  • Die Fünftelregelung darf nicht durch andere steuerliche Regelungen ausgeschlossen sein.

Aufgrund der Komplexität der steuerlichen Regelungen und der möglichen Fallstricke ist es ratsam, einen Steuerberater hinzuzuziehen. Dieser kann Ihnen helfen, die steuerlichen Auswirkungen der Abfindung zu verstehen, die Fünftelregelung korrekt anzuwenden und weitere steuerliche Vorteile zu nutzen.

5. Auswirkungen der Abfindung auf das Arbeitslosengeld

Wenn Sie keine Aussicht auf eine unmittelbare Folgebeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber haben, sollten Sie die möglichen Auswirkungen einer Abfindung und eines Aufhebungsvertrags auf das Arbeitslosengeld verstehen und entsprechend berücksichtigen.

Anrechnung und Ruhezeit

Grundsätzlich wird eine Abfindungszahlung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Allerdings kann es dennoch zu einer sogenannten Ruhezeit kommen. Dies bedeutet, dass Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld für eine bestimmte Zeit ruht und somit die Auszahlung des Arbeitslosengeldes verzögert wird.

Eine Ruhezeit tritt dann ein, wenn das im Aufhebungsvertrag vereinbarte Ausstiegsdatum vor dem Ablauf der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfrist liegt.

Sperrzeit

Unabhängig von der Zahlung einer Abfindung besteht das Risiko, dass allein schon durch den Abschluss des Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt wird. Dies geschieht in der Regel dann, wenn die Agentur für Arbeit der Ansicht ist, dass der Arbeitnehmer freiwillig an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitgewirkt und somit die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

6. Abfindung und Sozialabgaben sowie Krankengeld

Abfindungen sind in der Regel sozialversicherungsfrei, das heißt, es müssen keine Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt werden.

  • Diese Sozialversicherungsfreiheit gilt jedoch nur für „echte“ Abfindungen, die als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden.
  • Anders verhält es sich bei sogenannten „unechten“ Abfindungen. Hierbei handelt es sich um Zahlungen, die offene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgelten, wie z.B. die Auszahlung von offenen Lohnforderungen, die Abgeltung von Resturlaub oder die Vergütung von Überstunden. Auf solche Zahlungen müssen Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. „Unechte“ Abfindungen werden von den Krankenkassen auch in der jeweiligen Höhe auf ein mögliches Krankengeld angerechnet.

7. Abfindung bei Sozialplan

Bei Betriebsänderungen mit Nachteilen für einen erheblichen Teil der Belegschaft insbesondere durch betriebsbedingte Kündigungen wird oft ein Sozialplan verhandelt, der die nachteiligen Konsequenzen für betroffene Arbeitnehmer ausgleichen soll.

Durch den Sozialplan haben die betroffenen Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung gemäß den festgelegten Bedingungen. Dieser Sozialplananspruch kann eine wichtige Grundlage für die Verhandlung der Abfindung sein. Da der Sozialplan für Sie als Arbeitnehmer jedoch nicht verbindlich ist, können Sie gegebenenfalls eine noch höhere Abfindung erzielen.

8. Fazit

  • Im Regelfall haben Sie keinen Anspruch auf eine Abfindung, sondern müssen diese meist erst aushandeln. Dies gilt für die Abfindung an sich genauso wie für deren Höhe.
  • Arbeitgeber bieten dennoch häufig Abfindungen an. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Kündigung rechtlich schwierig durchsetzbar ist. Dann soll das Angebot einer Abfindung den Arbeitnehmer zur Zustimmung zum Aufhebungsvertrag bewegen.
  • Behalten Sie die möglichen Auswirkungen der Abfindungszahlung bzw. des Aufhebungsvertrags auf das Arbeitslosengeld im Blick, um eine Ruhezeit und Sperrzeit zu vermeiden.
  • Holen Sie frühzeitig anwaltliche Beratung ein. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann entscheidend dazu beitragen, eine hohe Abfindung zu erzielen.