- Umfang und Dauer des Kündigungsschutzes
- Mitteilungspflicht der Schwangeren
- Arbeitgeber und/oder Schwangere wussten nichts von Schwangerschaft
- Ausnahme: Wann die Kündigung trotzdem möglich ist
- Sonderkündigungsschutz auch im Kleinbetrieb und während der Probezeit?
- Kann die Schwangere selbst kündigen?
- Was gilt bei befristeten Arbeitsverhältnissen?
- Kündigung trotz Schwangerschaft – was jetzt zu tun ist!
- Fazit
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1. Umfang und Dauer des Kündigungsschutzes
Hinsichtlich ihres Kündigungsschutzes werden nicht alle Arbeitnehmer rechtlich gleichgestellt. Vielmehr sind bestimmte Gruppen besonders schutzwürdig und das Kündigungsrecht sieht deshalb auch einen besonderen Kündigungsschutz für sie vor (sog. Sonderkündigungsschutz).
Der Kündigungsschutz beginnt mit dem ersten Tag der Schwangerschaft, der Befruchtung der Eizelle (Empfängnis), und dauert mindestens bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung an (sog. Schutzfrist). Während dieser Zeit gilt ein absolutes Kündigungsverbot. Der Kündigungsschutz endet mithin nicht unmittelbar mit der Entbindung und verlängert sich, sofern die Arbeitnehmerin anschließend in Elternzeit geht.
Erleidet die Frau eine Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche, sieht das Gesetz einen Kündigungsschutz von vier Monaten nach der Fehlgeburt vor.
Diese Vermutung kann durch die Schwangere bei längerer Schwangerschaftsdauer auch widerlegt werden.
Wird eine Frau erst nach Zugang der Kündigung schwanger, greift der Sonderkündigungsschutz nicht. Auch deshalb kann es im Kündigungsschutzprozess unter Umständen auf den genauen Tag der Empfängnis ankommen.
2. Mitteilungspflicht der Schwangeren
Das Gesetz bestimmt in § 15 MuSchG, dass eine schwangere Frau ihrem Arbeitgeber sowohl die Schwangerschaft als auch den voraussichtlichen Entbindungstermin mitteilen soll. Erst mit dieser Mitteilung greift der Kündigungsschutz. Gleichzeitig ist der Arbeitgeber ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, etwaige Beschäftigungsverbote zu prüfen.
Die Mitteilungspflicht trifft eine Schwangere, sobald sie von der Schwangerschaft weiß. Kommt die Frau dieser Mitteilungspflicht trotz Kenntnis der Schwangerschaft nicht nach, kann der Arbeitgeber u.U. rechtswirksam kündigen oder Schadensersatzansprüche geltend machen. Denn ohne diese Information kann der Arbeitgeber keinen Ersatz für die fehlende Arbeitskraft suchen. Die Mitteilung sollte alsbald erfolgen, so dass dem Arbeitgeber ausreichend Zeit bleibt, sich auf den Arbeitsausfall einzustellen. Unabhängig davon liegt eine zeitnahe Mitteilung auch im Interesse der Schwangeren, denn nur so kann der Arbeitgeber Beschäftigungsverbote einhalten und Sicherungsvorkehrungen treffen.
Ob die Mitteilung über die Schwangerschaft mündlich oder schriftlich erfolgt, liegt allein in der Verantwortung der Schwangeren. Rechtlich ist beides möglich. Aus Beweisgründen ist die Schriftform jedoch ratsam. In der Regel bietet sich auch die Vorlage eines ärztlichen Attests über die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin an.
3. Arbeitgeber und/oder Schwangere wussten nichts von Schwangerschaft
Grundsätzlich ist die Kündigung einer Schwangeren nur unzulässig, wenn der Arbeitgeber auch von der Schwangerschaft wusste.
War der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung über die Schwangerschaft (noch) nicht informiert, gilt zum Schutze der Schwangeren der Sonderkündigungsschutz in zwei Fällen aber ausnahmsweise trotzdem:
- Die Mitteilung über die Schwangerschaft erfolgt noch innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung.
oder
- Nach Ablauf der zwei Wochen auch noch dann, wenn die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird und das Versäumnis unverschuldet war, also auf einem von der Schwangeren nicht zu vertretenden Grund beruht (z.B. weil sie selbst noch nichts von der Schwangerschaft wusste, im Krankenhaus oder im Urlaub war).
4. Ausnahme: Wann die Kündigung trotzdem möglich ist
Obwohl eine schwangere Arbeitnehmerin grundsätzlich sehr umfassend vom Gesetzgeber geschützt wird, sind Schwangere nicht völlig unkündbar, § 17 Abs. 2 MuSchG. In diesen Fällen steht die Kündigung allerdings niemals mit der Schwangerschaft als solcher, der Entbindung oder der Fehlgeburt in Verbindung.
Betriebsbedingte Gründe können bspw. vorliegen, wenn ein Betrieb oder Teile des Betriebs dauerhaft stillgelegt werden und dadurch Arbeitsplätze wegfallen.
Die Schwangerschaft soll auch kein „Freifahrtschein“ für Arbeitnehmerinnen sein. Bei besonders schweren Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder bei strafbaren Handlungen ist es denkbar, dass die Schwangere aufgrund ihres Verhaltens mit einer wirksamen Kündigung rechnen muss.
Falls eine dieser Ausnahmen in Betracht kommt, ist die Kündigung nicht ohne weiteres möglich. Der Arbeitgeber muss vielmehr eine Sondergenehmigung bei der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde des jeweiligen Bundeslandes beantragen und einen Nachweis bzgl. des Kündigungsgrundes erbringen. Erst wenn diese Ausnahmegenehmigung erteilt ist, kann die Kündigung ausgesprochen werden. Um den Sonderkündigungsschutz nicht auszuhebeln, bleibt eine solche Genehmigung allerdings der absolute Ausnahmefall. Außerdem muss der Arbeitnehmerin zuvor die Möglichkeit eingeräumt worden sein, sich zum Sachverhalt zu äußern, indem sie von der Aufsichtsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme bekommt.
Sowohl der Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmerin können gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde Widerspruch einlegen bzw. Klage erheben.
5. Sonderkündigungsschutz auch im Kleinbetrieb und während der Probezeit?
Für den Kündigungsschutz ist entscheidend, dass die Arbeitnehmerin in einem festen Arbeitsverhältnis beschäftigt ist und zwar unabhängig von der Größe des Betriebs oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Der Sonderkündigungsschutz greift deshalb gleichermaßen in einem Kleinbetrieb (unter 10 Beschäftigte) als auch während der Probezeit.
Eine Schwangerschaft während der Probezeit kann so zu einer „Umgehung“ der Erprobung der Arbeitnehmerin führen, da ab dem sechsten Monat das Kündigungsschutzgesetz greift, sofern im Betrieb mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind. Nach dem Kündigungsschutzgesetz kann eine Kündigung dann nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen.
6. Kann die Schwangere selbst kündigen?
Der Kündigung durch die Schwangere selbst stehen keine gesetzlichen Vorschriften entgegen, denn das Kündigungsverbot gilt nur für den Arbeitgeber. Möchte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis beenden, so kann sie dies jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfristen tun.
Außerdem muss die schwangere Arbeitnehmerin bei einer Eigenkündigung ohne wichtigen Grund regelmäßig mit einer Sperrfrist von 12 Wochen rechnen. Während dieser Zeit steht ihr kein Arbeitslosengeld zu.
7. Was gilt bei befristeten Arbeitsverhältnissen?
Der besondere Kündigungsschutz des § 17 MuSchG findet nur bei Kündigungen durch den Arbeitgeber Anwendung.
Bei befristeten Arbeitsverhältnissen endet das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund einer Kündigung, sondern allein aufgrund der Befristung. Eine Schwangerschaft ändert insofern nichts daran, dass das Arbeitsverhältnis ungeachtet der Schwangerschaft – wie vereinbart – ausläuft.
Während der Laufzeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist die ordentliche Kündigung zwar grundsätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes gilt hingegen, sofern der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin im Arbeitsvertrag vereinbart haben, dass beiden Parteien das Recht zur ordentlichen Kündigung vorbehalten bleibt. Dies ist in der Praxis der Regelfall. Dann gelten während dieser Zeit die oben genannten Ausführungen zum Kündigungsschutz: Die Schwangere darf – sofern keine Ausnahmegenehmigung vorliegt – nicht gekündigt werden.
8. Kündigung trotz Schwangerschaft – was jetzt zu tun ist!
Wenn schwangere Arbeitnehmerinnen von ihrem Arbeitnehmer gekündigt werden, kann die Kündigung auf verschiedenen Gründen beruhen:
- Der Arbeitgeber weiß nichts von der Schwangerschaft
- Die Firma hat eine Ausnahmegenehmigung für die Kündigung
- der Kündigungsschutz wird bewusst missachtet.
Im Falle einer Ausnahmegenehmigung durch die oberste Landesbehörde bleibt nur der Weg vor das Verwaltungsgericht. Missachtet der Arbeitgeber den Sonderkündigungsschutz oder weiß selbst nichts von der Schwangerschaft, sollte schrittweise wie folgt vorgegangen werden:
- Sofern noch nicht geschehen, Arbeitgeber innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung über die Schwangerschaft informieren. Nach Verstreichen der Frist gilt die Kündigung als wirksam.
- Auch nach Ablauf der Frist ist die Mitteilung trotzdem unverzüglich nachzuholen!
- Arbeitgeber auf das Kündigungsverbot des § 17 MuSchG hinweisen und ihn zur Rücknahme der Kündigung auffordern.
- Bleibt der Arbeitgeber uneinsichtig, kann innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Gericht eingereicht werden.
9. Fazit
- Während der Schwangerschaft ist eine Frau grundsätzlich vor Kündigungen geschützt.
- Dieser Sonderkündigungsschutz gilt für alle Arbeitnehmerinnen in festen Arbeitsverhältnissen unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder der Betriebsgröße.
- Der Kündigungsschutz beginnt mit der Empfängnis und endet frühestens 4 Monate nach der Entbindung.
- Eine Ausnahme gilt für Kündigungen, die mit der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Fehlgeburt in keinem Zusammenhang stehen. Zu ihrer Wirksamkeit bedarf die Kündigung dann allerdings einer Ausnahmegenehmigung durch die für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde.
- Bei befristeten Arbeitsverträgen greift der Sonderkündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz nicht, weil die Beendigung nicht auf einer Kündigung beruht. Das Arbeitsverhältnis endet allein aufgrund des zeitlichen Ablaufs.
- Ein Aufhebungsvertrag beruht auf gegenseitigem Einvernehmen und ist deshalb ungeachtet der Schwangerschaft möglich.