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Kündigung und Kündigungsschutz in der Schwangerschaft

Hier erfahren Sie nicht nur, für welche Dauer und in welchem Umfang der Kündigungsschutz für Schwangere besteht; wir klären in diesem Artikel auch alle weiteren wesentlichen Fragen rund um das Thema Kündigung und Schwangerschaft.

1. Umfang und Dauer des Kündigungsschutzes

Hinsichtlich ihres Kündigungsschutzes werden nicht alle Arbeitnehmer rechtlich gleichgestellt. Vielmehr sind bestimmte Gruppen besonders schutzwürdig und das Kündigungsrecht sieht deshalb auch einen besonderen Kündigungsschutz für sie vor (sog. Sonderkündigungsschutz).

Nach der Regelung in § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist die Kündigung einer Frau, die in einem festen Arbeitsverhältnis steht, während der Schwangerschaft unzulässig.

Der Kündigungsschutz beginnt mit dem ersten Tag der Schwangerschaft, der Befruchtung der Eizelle (Empfängnis), und dauert mindestens bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung an (sog. Schutzfrist). Während dieser Zeit gilt ein absolutes Kündigungsverbot. Der Kündigungsschutz endet mithin nicht unmittelbar mit der Entbindung und verlängert sich, sofern die Arbeitnehmerin anschließend in Elternzeit geht.

Erleidet die Frau eine Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche, sieht das Gesetz einen Kündigungsschutz von vier Monaten nach der Fehlgeburt vor.

Hinweis: In der Regel dürfte der Tag der Empfängnis schwer feststellbar sein. Deshalb beginnt eine Schwangerschaft nach der sog. Rückrechnungsmethode des Bundesarbeitsgerichts (BAG) 280 Tage vor dem Entbindungstermin. Dies hat das Bundesarbeitsgericht kürzlich bestätigt und damit einer Verkürzung des Kündigungsschutzes auf 266 Tage (so die Vorinstanz) eine Absage erteilt (BAG, Urteil vom 24.11.2022 – 2 AZR 11/22).
 
Diese Vermutung kann durch die Schwangere bei längerer Schwangerschaftsdauer auch widerlegt werden.

Wird eine Frau erst nach Zugang der Kündigung schwanger, greift der Sonderkündigungsschutz nicht. Auch deshalb kann es im Kündigungsschutzprozess unter Umständen auf den genauen Tag der Empfängnis ankommen.

Vorsicht beim Aufhebungsvertrag: Ein Aufhebungsvertrag ist keine Kündigung, sondern beruht auf dem gegenseitigen Einvernehmen von Arbeitgeber und Arbeitnehmerin. Mithin fällt eine durch Aufhebungsvertrag getroffene Vereinbarung zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht unter den Sonderkündigungsschutz des MuSchG und ist damit wirksam. Selbst wenn die Schwangere erst nach Abschluss des Aufhebungsvertrages von ihrer zu diesem Zeitpunkt schon bestehenden Schwangerschaft erfährt, hat sie nach der Rechtsprechung kein Recht zur Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums.

2. Mitteilungspflicht der Schwangeren

Das Gesetz bestimmt in § 15 MuSchG, dass eine schwangere Frau ihrem Arbeitgeber sowohl die Schwangerschaft als auch den voraussichtlichen Entbindungstermin mitteilen soll. Erst mit dieser Mitteilung greift der Kündigungsschutz. Gleichzeitig ist der Arbeitgeber ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, etwaige Beschäftigungsverbote zu prüfen.

Die Mitteilungspflicht trifft eine Schwangere, sobald sie von der Schwangerschaft weiß. Kommt die Frau dieser Mitteilungspflicht trotz Kenntnis der Schwangerschaft nicht nach, kann der Arbeitgeber u.U. rechtswirksam kündigen oder Schadensersatzansprüche geltend machen. Denn ohne diese Information kann der Arbeitgeber keinen Ersatz für die fehlende Arbeitskraft suchen. Die Mitteilung sollte alsbald erfolgen, so dass dem Arbeitgeber ausreichend Zeit bleibt, sich auf den Arbeitsausfall einzustellen. Unabhängig davon liegt eine zeitnahe Mitteilung auch im Interesse der Schwangeren, denn nur so kann der Arbeitgeber Beschäftigungsverbote einhalten und Sicherungsvorkehrungen treffen.

Ob die Mitteilung über die Schwangerschaft mündlich oder schriftlich erfolgt, liegt allein in der Verantwortung der Schwangeren. Rechtlich ist beides möglich. Aus Beweisgründen ist die Schriftform jedoch ratsam. In der Regel bietet sich auch die Vorlage eines ärztlichen Attests über die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin an.

Hinweis: Anders sieht die Situation im Bewerbungsgespräch aus. Hier hat die Schwangere keine Pflicht, über ihre Schwangerschaft zu informieren. Die Frage nach einer Schwangerschaft durch den potentiellen Arbeitgeber ist unzulässig. Der Schwangeren steht insofern nach dem Urteil des BAG v. 15.10.1992 sogar ein „Recht zur Lüge“ zu.

3. Arbeitgeber und/oder Schwangere wussten nichts von Schwangerschaft

Grundsätzlich ist die Kündigung einer Schwangeren nur unzulässig, wenn der Arbeitgeber auch von der Schwangerschaft wusste.

War der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung über die Schwangerschaft (noch) nicht informiert, gilt zum Schutze der Schwangeren der Sonderkündigungsschutz in zwei Fällen aber ausnahmsweise trotzdem:

  1. Die Mitteilung über die Schwangerschaft erfolgt noch innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung.

oder

  1. Nach Ablauf der zwei Wochen auch noch dann, wenn die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird und das Versäumnis unverschuldet war, also auf einem von der Schwangeren nicht zu vertretenden Grund beruht (z.B. weil sie selbst noch nichts von der Schwangerschaft wusste, im Krankenhaus oder im Urlaub war).
Unverzüglich ist ein Handeln nach der Rechtsprechung, wenn es ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Das wiederum setzt nicht zwingend sofortiges Handeln voraus. Die Arbeitnehmerin darf sich zunächst von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten lassen. Da dies zwangsläufig eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, gilt nach dem Bundesarbeitsgericht insofern noch eine Mitteilung innerhalb einer Woche als unverzüglich nachgeholt (BAG, Urt. v. 26.09.2002 – 2 AZR 392/01).

4. Ausnahme: Wann die Kündigung trotzdem möglich ist

Obwohl eine schwangere Arbeitnehmerin grundsätzlich sehr umfassend vom Gesetzgeber geschützt wird, sind Schwangere nicht völlig unkündbar, § 17 Abs. 2 MuSchG. In diesen Fällen steht die Kündigung allerdings niemals mit der Schwangerschaft als solcher, der Entbindung oder der Fehlgeburt in Verbindung.

Denkbar ist eine Kündigung v.a. bei verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen, sofern die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist.

Betriebsbedingte Gründe können bspw. vorliegen, wenn ein Betrieb oder Teile des Betriebs dauerhaft stillgelegt werden und dadurch Arbeitsplätze wegfallen.

Die Schwangerschaft soll auch kein „Freifahrtschein“ für Arbeitnehmerinnen sein. Bei besonders schweren Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder bei strafbaren Handlungen ist es denkbar, dass die Schwangere aufgrund ihres Verhaltens mit einer wirksamen Kündigung rechnen muss.

Falls eine dieser Ausnahmen in Betracht kommt, ist die Kündigung nicht ohne weiteres möglich. Der Arbeitgeber muss vielmehr eine Sondergenehmigung bei der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde des jeweiligen Bundeslandes beantragen und einen Nachweis bzgl. des Kündigungsgrundes erbringen. Erst wenn diese Ausnahmegenehmigung erteilt ist, kann die Kündigung ausgesprochen werden. Um den Sonderkündigungsschutz nicht auszuhebeln, bleibt eine solche Genehmigung allerdings der absolute Ausnahmefall. Außerdem muss der Arbeitnehmerin zuvor die Möglichkeit eingeräumt worden sein, sich zum Sachverhalt zu äußern, indem sie von der Aufsichtsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme bekommt.

Sowohl der Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmerin können gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde Widerspruch einlegen bzw. Klage erheben.

5. Sonderkündigungsschutz auch im Kleinbetrieb und während der Probezeit?

Für den Kündigungsschutz ist entscheidend, dass die Arbeitnehmerin in einem festen Arbeitsverhältnis beschäftigt ist und zwar unabhängig von der Größe des Betriebs oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Der Sonderkündigungsschutz greift deshalb gleichermaßen in einem Kleinbetrieb (unter 10 Beschäftigte) als auch während der Probezeit.

Eine Schwangerschaft während der Probezeit kann so zu einer „Umgehung“ der Erprobung der Arbeitnehmerin führen, da ab dem sechsten Monat das Kündigungsschutzgesetz greift, sofern im Betrieb mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind. Nach dem Kündigungsschutzgesetz kann eine Kündigung dann nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen erfolgen.

6. Kann die Schwangere selbst kündigen?

Der Kündigung durch die Schwangere selbst stehen keine gesetzlichen Vorschriften entgegen, denn das Kündigungsverbot gilt nur für den Arbeitgeber. Möchte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis beenden, so kann sie dies jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfristen tun.

Achtung: Mit dem Arbeitsverhältnis endet auch der Mutterschutz. Ein Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht nicht mehr.

Außerdem muss die schwangere Arbeitnehmerin bei einer Eigenkündigung ohne wichtigen Grund regelmäßig mit einer Sperrfrist von 12 Wochen rechnen. Während dieser Zeit steht ihr kein Arbeitslosengeld zu.

7. Was gilt bei befristeten Arbeitsverhältnissen?

Der besondere Kündigungsschutz des § 17 MuSchG findet nur bei Kündigungen durch den Arbeitgeber Anwendung.

Bei befristeten Arbeitsverhältnissen endet das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund einer Kündigung, sondern allein aufgrund der Befristung. Eine Schwangerschaft ändert insofern nichts daran, dass das Arbeitsverhältnis ungeachtet der Schwangerschaft – wie vereinbart – ausläuft.

Während der Laufzeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist die ordentliche Kündigung zwar grundsätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes gilt hingegen, sofern der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin im Arbeitsvertrag vereinbart haben, dass beiden Parteien das Recht zur ordentlichen Kündigung vorbehalten bleibt. Dies ist in der Praxis der Regelfall. Dann gelten während dieser Zeit die oben genannten Ausführungen zum Kündigungsschutz: Die Schwangere darf – sofern keine Ausnahmegenehmigung vorliegt – nicht gekündigt werden.

8. Kündigung trotz Schwangerschaft – was jetzt zu tun ist!

Wenn schwangere Arbeitnehmerinnen von ihrem Arbeitnehmer gekündigt werden, kann die Kündigung auf verschiedenen Gründen beruhen:

  • Der Arbeitgeber weiß nichts von der Schwangerschaft
  • Die Firma hat eine Ausnahmegenehmigung für die Kündigung
  • der Kündigungsschutz wird bewusst missachtet.

Im Falle einer Ausnahmegenehmigung durch die oberste Landesbehörde bleibt nur der Weg vor das Verwaltungsgericht. Missachtet der Arbeitgeber den Sonderkündigungsschutz oder weiß selbst nichts von der Schwangerschaft, sollte schrittweise wie folgt vorgegangen werden:

  1. Sofern noch nicht geschehen, Arbeitgeber innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung über die Schwangerschaft informieren. Nach Verstreichen der Frist gilt die Kündigung als wirksam.
  2. Auch nach Ablauf der Frist ist die Mitteilung trotzdem unverzüglich nachzuholen!
  3. Arbeitgeber auf das Kündigungsverbot des § 17 MuSchG hinweisen und ihn zur Rücknahme der Kündigung auffordern.
  4. Bleibt der Arbeitgeber uneinsichtig, kann innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Gericht eingereicht werden.

9. Fazit

  • Während der Schwangerschaft ist eine Frau grundsätzlich vor Kündigungen geschützt.
  • Dieser Sonderkündigungsschutz gilt für alle Arbeitnehmerinnen in festen Arbeitsverhältnissen unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder der Betriebsgröße.
  • Der Kündigungsschutz beginnt mit der Empfängnis und endet frühestens 4 Monate nach der Entbindung.
  • Eine Ausnahme gilt für Kündigungen, die mit der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Fehlgeburt in keinem Zusammenhang stehen. Zu ihrer Wirksamkeit bedarf die Kündigung dann allerdings einer Ausnahmegenehmigung durch die für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde.
  • Bei befristeten Arbeitsverträgen greift der Sonderkündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz nicht, weil die Beendigung nicht auf einer Kündigung beruht. Das Arbeitsverhältnis endet allein aufgrund des zeitlichen Ablaufs.
  • Ein Aufhebungsvertrag beruht auf gegenseitigem Einvernehmen und ist deshalb ungeachtet der Schwangerschaft möglich.

10. Video